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10.12.2010 1808 – als Rio einmal Hauptstadt von Portugal war ein historischer Bestseller von Laurentino Gomes In langer, minutiöser Recherchearbeit schuf Laurentino Gomes einen heute schon als Volksklassiker der brasilianischen Histographie geachteten non-fiction Roman, eines der meist kommentierten Bücher des Jahres 2008, mehrere Wochen lang 1 und mit mehr als einer halben Million verkaufter Exemplare einer der größten Bestseller Brasiliens: »1808 – wie eine verrückte Königin, ein ängstlicher Prinz und ein korrupter Hof Napoleon betrogen und die Geschichte Portugals und Brasiliens änderten«. Laurentino Gomes wurde 1956 in Maringá im Staate Paraná im Süden Brasiliens geboren. Er studierte Journalismus an der staatlichen Universität Paraná und promovierte in Wirtschaftswissenschaften an der Universität São Paulo. Seit 30 Jahren als aktiver Journalist tätig, arbeitete er auch als Reporter und Verleger für einige der wichtigsten Kommunikationsmittel des Landes: bei der Zeitung »O Estado de São Paulo« und der Zeitschrift »Veja«. Es wandeln durch dieses Buch eine verrückte Königin, ein ängstlicher Prinz und ein korrumpierter Adel. Zusammen schaffen sie es, Napoleon zu täuschen und somit auf maßgebliche Weise die Geschichte Portugals und Brasiliens zu ändern. Am Anfang des 19. Jahrhunderts war Portugal ein dekadentes, rückständiges und sehr religiöses Land. Zu allem Überfluss hatte Portugal auch noch Napoleon im Nacken, dessen Invasionsangriff nicht lange auf sich warten lassen würde. Der einzige Verbündete war England, mit dessen Hilfe die königliche Familie dann auch nach Brasilien fliehen konnte, um nicht in die Fänge des französischen Kaisers zu geraten. Eine sehr kurzfristig angesetzte, chaotische Flucht wurde beschlossen. Es war zwar durchaus üblich, dass die europäischen Höfe in Übersee Kolonien unterhielten, aber bis dato hatte sich noch kein König überhaupt bereit erklärt diese zu besuchen, geschweige denn in diesen Ländern zu leben und zu regieren. Die Brasilianer waren mindestens ebenso überrascht von dieser Entscheidung der kaiserlichen Familie, da sie sich an ihr Dasein als servile Kolonie längst gewöhnt hatten. In insgesamt 29 Kapiteln erzählt Laurentino Gomes von der überraschenden Flucht, der gefährlichen Überfahrt nach Brasilien, dem geplanten Aufenthalt in Salvador , den ersten Errungenschaften und den hier getroffenen Entscheidungen, welche letztendlich dazu führten, dass sich Brasiliens Status von dem einer simplen Kolonie zum Mittelpunkt der portugiesischen Macht wandelte. Im weiteren Verlauf erzählt Laurentino Gomes von der Weiterfahrt nach Rio de Janeiro, der Niederlassung der kaiserlichen Familie und dem alltäglichen Leben in der brasilianischen Gesellschaft. Interessant ist z.B. der Fakt, dass zu Anfang keine geeigneten Unterkünfte für die kaiserliche Familie vorhanden waren, weshalb diverse Häuser der brasilianischen Oberschicht requiriert werden mussten. An ihnen wurde das Emblem »PR« (Príncipe Regente – Prinzregent) angebracht, welches im Volksmund schnell als »ponha-se na rua« (»Raus auf die Straße«) verballhornt wurde. Das Buch hält sich an die Fakten und bietet anhand vieler pittoresker und überraschender Details, die so noch in keinem der bereits verlegten Bücher über die Zeit der portugiesischen Königsfamile in Brasilien veröffentlicht wurden, eine humorvolle Übersicht über das Leben der brasilianischen Gesellschaft und des portugiesischen Hofes. Die Regierungszeit D. João VI in Brasilien war einer der faszinierendsten Momente der brasilianischen Geschichte, aber auch eine Zeit inmitten der napoleonischen Kriege, republikanischen Revolten und des Sklavenhandels. Laurentino Gomes zeichnet ein politisches, geografisches und finanzielles Panorama der damaligen Zeit. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der Autor die damaligen Preise zwecks besseren Verständnisses in aktuelle Währung umrechnet. Ebenso sind verschiedene Abbildungen der damaligen Zeit, hauptsächlich als Lithographien von Debret, illustriert (Jean-Baptiste Debret war ein Mitglied der sogenannten »Französischen Kunstmission«, lebte von 1816 – 1831 in Brasilien, und war ein bevorzugter Maler des kaiserlichen Hofes in Rio de Janeiro). D. João VI und Carlota Joaquina werden uns auf sehr plastische Weise nähergebracht. D. João VI wurde erst nach dem Tode D. Maria I de Portugal zum König ernannt. Er war eine äußerst depressive, dicke, ungepflegte und ängstliche Person (er hatte z.B. furchtbare Angst vor Donnerschlägen). Und tatsächlich hatte er die Eigenart, kleingehacktes Hühnerfleisch in den Jackentaschen als Proviant mit sich zu tragen! Umgeben von kompetenten und treuen Ratgebern schaffte er es trotzdem, manche gefährliche Klippe in seinem Leben erfolgreich zu umschiffen (wie z.B. die Täuschung Napoleons). Carlota Joaquina war eine hässliche, unglückliche, machthungrige und bösartige Frau. Nur für den Anschein wahrte sie das Bild einer harmonischen Ehe (sie und D. João residierten in verschiedenen Häusern) und hatte mehrere außereheliche Beziehungen. Insgesamt 6 Mal versuchte Carlota den König mit Hilfe verschiedener Liebhaber von seinem Thron zu stürzen. Obgleich das Datum im Titel – 1808 – etwas anderes suggeriert, behandelt das Buch die Fakten des gesamten 13-jährigen Aufenthaltes der portugiesischen Kaiserfamilie in Brasilien. Und zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Flucht aus Portugal im November 1807 bis zu ihrer Rückkehr im Juli 1821. Durch die Anwendung einer einfachen Sprache versucht der Autor, den ansonsten ziemlich trockenen Geschichtsstoff in eine fesselnde, leichte Romanform zu bringen. Ein breites Publikum zu erreichen welches nicht unbedingt aus dem akademischen Bereich stammt und jedem Brasilianer Zugang zu seiner eigenen Geschichte zu verschaffen, war die erklärte Absicht des Autors. Als Lektürevorschlag seitens der Lehrerschaft kann es den Schülern eine willkommene und abwechslungsreiche Reise in die Vergangenheit ihres Landes bescheren. Und als Lektüre für Geschichtsinteressierte bietet es eine leichte, flüssige und angenehm zu lesende Recherche, die den Leser von Anfang an mit fundierten historischen Fakten fesselt. 2010 legte Laurentino Gomes mit 1822 quasi den Fortsetzungsroman vor: Como um homem sábio, uma princesa triste e um escoces louco por dinheiro ajudaram D. Pedro a criar o Brasil – um país que tinha tudo para dar errado. Auch dieser Roman über die ersten Jahre des »unabhängigen« Brasilien wurde bereits mehr als 200.000 Mal verkauft. Britta Mönch-Pingel* Laurentino Gomes : 408 páginas http://www.laurentinogomes.com.br/ * Britta Mönch-Pingel ist in Kiel geboren, verbrachte die ersten 20 Lebensjahre in São Paulo, Brasilien und lebt seit 20 Jahren wieder in Deutschland, z.Zt. Heroldsbach als freiberufliche Übersetzerin, Dolmetscherin und Sprachdozentin.
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