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22.01.2009

Gottes Gift …

In Mia Coutos jüngstem Roman verschlägt es einen jungen portugiesischen Arzt nach Mosambik – eine Begegnung die an sich schon für einen einigermaßen interessanten Plot ausreichen würde. Aber der junge Portugiese ist nicht aus reiner Menschenliebe in das Dorf am Ende der Welt gezogen (wo er mithilft, eine Meningitis-Epidemie einzudämmen), sondern auf der Suche nach Deolinda, in die er sich auf einem Kongress in Lissabon verliebte. Doch er trifft nur ihre Eltern an, den todkranken ehemaligen Schiffsmechaniker der portugiesischen Kolonialflotte Bartolomeu Sozinho und seine verbitterte Frau Munda. Und dann ist da noch der korrupte »Administrador« des Dorfes, der im Buch nur Suacelência genannt wird – Bartolomeus ewiger Gegenspieler, auf ideologischer, und wie sich später auch zeigen wird, privater Ebene.

Suacelência (Seine Exzellenz) ist natürlich Vertreter des herrschenden »fortschrittlichen« Lagers, während Bartolomeu (der Einsame) hin und wieder auf dem Dach seines Hauses die Fahne der kolonialen Schiffahrtsgesellschaft hisst und ostentativ alten Zeiten nachtrauert, obwohl er als schwarzer Arbeiter prototypischer Gewinner der Revolution sein müsste; ein Verwirrspiel mit ideologischen Codes, dem weitere Verwirrspiele folgen.

Denn je tiefer der junge Portugiese sich in das Leben und die Geschichte seiner mutmaßlichen Schwiegereltern vertieft und verstrickt, desto mehr stößt er auf Widersprüche, die nicht immer entlang der scheinbar glatten Linien historischer und sozialer Verwerfungen verlaufen. Und die dunklen Geheimnisse, die sich ihm und dem Leser allmählich erschließen, sind grausam, und so afrikanisch sie sich zunächst darstellen mögen, zutiefst menschlich und universell.

Letztlich muss Sidónio erkennen, dass er auch in Afrika weder seine Liebe noch eine Heimat finden wird. Und dass, auf einer höheren, metaphorischen Ebene, das Ding mit der Versöhnung ein kompliziertes ist. Denn das Objekt seiner Liebe ist tot und »Im Grunde war der Portugiese keine Person im eigentlichen Sinne. Er war eine Hautfarbe, die einsam auf kürzestem Weg durch ein afrikanisches Dorf schlich.«

Der Roman ist spannend wie ein Krimi und verzichtet fast demonstrativ auf die für Mia Couto sonst typischen afrikanisierenden Sprachspiele und Neologismen. Streckenweise gerät er zum »Mystery Tale«, transportiert aber in jeder Zeile, jeder Wendung und jeder neuen Erkenntnis des Portugiesen auch die ewige, im nachkolonialen, nachsozialistischen Mosambik vielleicht besonders evidente Suche nach Identität, Standpunkt, nach dem Zustand eines Landes (einer Welt?) die nicht mehr zu beschreiben ist.

Michael Kegler
 


Mia Couto:
Venenos de Deus, Remédios do Diabo.
192 páginas
Ed. Ndjira, Maputo
Ed. Caminho, Lisboa
Companhia das Letras, São Paulo 2008