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13.01.2011

Ya Cota! Finka pé na tchon!
World Massala von Terrakota.

Ana Moura: Leva me aos FadosMistura, cultura passada presente ou futura /
não são pontos de ruptura, são todo uma aventura.

Wenn es einen Sprachraum gibt, der für »World«-Musik prädestiniert ist, dann der portugiesische, die Lusofonie – mit all ihren sprachlichen und kulturellen Verzweigungen. Nun, da der »World«-Begriff weidlich abgenutzt ist, zieht von Portugal aus eine Kapelle in die Welt, die dies wie keine zweite beweisen könnte – wenn sie nicht eigentlich anderes im Sinn hätte: Terrakota

Seit 10 Jahren ist die Band nun schon auf eigene Rechnung und komplett »independent« unterwegs mit einer Schwindel erregenden Mischung aus Sounds aller Menschen Länder, treibenden Beats und klaren Aussagen:

Bem vindos!! Bem vindos!! Bem vindos!! / Ao século dos junkies da informação / Tamos todos dopados não temos sequer opção  (…)  Não procuras ela te encontra / Essa cabeça não é para decoração / A máquina fala connosco e até nos dá lição (in: »É verdade«, ihrem ersten wirklichen Hit von der 2007 erschienen Platte Oba Train.

Nun ist, nach 3 Jahren Pause ihr viertes Album auf dem Markt: World Massala, dessen Titel zumindest einen Teil der musikalischen Reise suggeriert, aber eben nur einen Teil. Genauso vehement und virtuos wie Indisches wird westafrikanische Highlife-Musik eingebunden oder, wie auf »Slow Food« (das der neue Hit der Band werden könnte), der Afro-Beat der siebziger Jahre »at its best«.

Der angolanische Alt-Star Paulo Flores unterstützt die Band auf der minimalistischen Ballade »Né Djarabi« und der fast programmatische Hymne »Raíz«; »Kay Kay«, ein weiterer, deutlich an der Popmusik Guinea-Bissaus inspirierter Ohrwurm (den ich persönlich zum Titelstück erhoben hätte), lebt von der sprechenden Trommel des Senegalesen Modou Mbaye, der indische Sänger und Heiler Mahes Vinayakram dagegen ist auf »Chelo Habibi« zu hören, in dem Arabisch-Nordafrikanisches geschickt mit indischen Vibes verwoben wird. Leider gibt es in dem ansonsten schön gestalteten Booklet keinerlei Übersetzung der Texte, nicht einmal einen Hinweis darauf, was mit »Allah ra ax' axi ey / Chelo habibi! Salam!« (Chelo Habibi) gemeint sein könnte oder in welcher Sprache gerade gesungen wird.

Wer Portugiesisch kann, darf sich wenigstens an glasklaren Aussagen wie

Se todo o ser humano tem direito em ser um Ser / Tendo esse direito … algum direito tem que ter.

aus dem Stück »Ilegal« erfreuen, das musikalisch von Brasilien direkt nach Afrika hinüberwandert und von Spanischen zum Portugiesischen und zudem höchst tanzbar ist, wie übrigens auch das komplett anders gestrickte, »Ualelepo«, in dem neben dem »Masala« diverser afrikanischer Rhythmen und Stimmungen, vor allem die kraftvolle Stimme der Frontfrau Romi besticht, die auch auf »Pé na Tchon«, einem kapverdischen Funaná-Reggae-Massala, zum ganz großer Form aufläuft.

Letzendlich wird Indien, das der CD als Motto dient, nur im Titelstück klanglich zelebriert, aber auch hier nicht ohne Sitar, Tabla und Bangra mit Reggae und Dub noch einmal ordentlich durchzurühren: »World Massala« eben.

Es ist nicht das stärkste Stück dieser CD, aber je mehr ich es höre, desto besser gefällt mir der schwingende, flirrende Groove.

Aber was ist das nun: Afrika, Brasilien, Indien? Bleibt unterm Strich doch die »Lusophonie« als Konzept? Nöö, ganz bestimmt nicht. Terrakota sind da viel weiter und ganz bestimmt nicht die ethno-Apologeten eines untergegangenen »Imperiums« – weswegen es auch nur konsequent ist, wie oben moniert, Portugiesisch, Englisch, Spanisch ganz selbstverständlich neben Kreol, Kimbundu oder Arabisch zu setzen, ohne das eine dem anderen zu übersetzen. Auch das gehört zur »World-Massala«. Man muss nicht alles verstehen, aber man kann es (wenn es gut ist) genießen und zur Not auch offen staunen, mitswingen oder einfach tanzen – wenn die Füße dabei nur auf dem Boden bleiben.

Nossa nave é uma big. Massala, energia vai e vem, é difícil pará-la!

Michael Kegler


Terrakota
World Massala
Ojo! Records / Galileo MC, 2010

 

http://www.myspace.com/terrakota